Tarifsteigerungen verlieren deutlich an Dynamik
Die neuesten Auswertungen des WSI-Tarifarchivs aus der Hans-Böckler-Stiftung zeigen: Die Tariflöhne in Deutschland legen im Jahr 2025 nur noch geringfügig stärker zu als die Lebenshaltungskosten. Nach Berechnung des Instituts erhöhten sich die tariflichen Bruttoentgelte im Durchschnitt um 2,6 Prozent.
Der Preisauftrieb fiel im gleichen Zeitraum voraussichtlich auf 2,2 Prozent. Damit verbleibt Beschäftigten ein realer Zuwachs von lediglich 0,4 Prozent – ein spürbarer Rückgang gegenüber dem Vorjahr, als die Reallöhne noch um 3,1 Prozent stiegen.
Nach starken Steigerungen folgt ein Jahr der Ernüchterung
Die Jahre 2023 und 2024 waren von außergewöhnlich kräftigen Lohnanhebungen geprägt: 5,5 Prozent und 5,4 Prozent hatten viele Tarifbeschäftigte damals zusätzlich bekommen. Diese deutlichen Anpassungen sollten Einbußen aus der Hochinflationsphase kompensieren.
Im laufenden Jahr zeigt sich nun eine deutliche Abschwächung. Die Tarifsteigerungen fallen moderater aus, obwohl viele Haushalte weiterhin unter erhöhten Kosten für Energie, Wohnen und Dienstleistungen stehen.
Das WSI stellt klar: „Die kräftigen Inflationsausgleichszahlungen aus früheren Tarifrunden waren ein Sonderfaktor, der 2025 nicht mehr wirkt.“
Wegfall von Sonderzahlungen drückt den Effekt
Ein wesentlicher Grund für die geringe reale Lohnentwicklung ist das Auslaufen der in vielen Branchen vereinbarten Einmalzahlungen. Diese hatten 2023 und 2024 zu einem spürbaren Entlastungseffekt geführt, fehlen nun aber vollständig.
Ohne diese Zusatzbeträge führen selbst moderate Preissteigerungen dazu, dass das Plus auf dem Lohnzettel im Alltagsbudget kaum fühlbar bleibt. Das WSI verweist darauf, dass sich diese strukturelle Veränderung unmittelbar in den Reallohnberechnungen niederschlägt.
Konsumlaune bleibt verhalten
Trotz eines formalen Reallohnanstiegs bleibt die Stimmung vieler Arbeitnehmer eingetrübt. Zahlreiche Konsumenten berichten bereits seit Monaten, dass Mieten, Lebensmittel und Dienstleistungen stärker ins Gewicht fallen als in den offiziellen Preisindizes abgebildet.
Gewerkschaftsvertreter formulieren es drastisch: „Ein rechnerisches Plus von 0,4 Prozent ist für viele Menschen kein fühlbarer Fortschritt.“
Ökonomen warnen, dass die geringe Steigerung die Konsumdynamik belasten könnte. Gerade in den Jahren nach der Energiekrise sei ein stabiler Zuwachs der Kaufkraft wichtig, um den Binnenmarkt zu stützen.
Vergleich mit dem Jahrzehnt zeigt historisch schwachen Wert
Der aktuelle reale Lohnanstieg ist einer der geringsten der vergangenen zehn Jahre. Während die Auto-, Chemie- und Metallindustrie in früheren Jahren noch deutliche Sprünge bei Entgelten vereinbaren konnten, zeigt sich 2025 ein klar gedämpftes Bild.
Das WSI verweist darauf, dass dieses Zurückfahren der Lohnentwicklung eine Normalisierung der Tarifpolitik widerspiegele – allerdings in einer Situation, in der viele Haushalte nach wie vor mit hohen Fixkosten konfrontiert sind.

