Der traditionsreiche Industriestandort in Görlitz erlebt einen tiefgreifenden Wandel. Der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS übernimmt ein dortiges Werk des Zugherstellers Alstom und stellt die Produktion auf militärische Fahrzeuge um. Damit wird eine drohende Schließung verhindert und ein wichtiger Wirtschaftsstandort erhalten.
Vom Schienenfahrzeugbau zur Panzerproduktion
Bislang wurden in Görlitz vor allem Doppelstockwagen und Straßenbahnen gefertigt. Mit der Übernahme durch KNDS erfolgt die Umstellung auf die Herstellung von Panzerkomponenten, unter anderem für den Leopard 2, den Puma und den Boxer. Die Rahmenvereinbarung zwischen KNDS und Alstom wurde in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer unterzeichnet. „Hier kommt zusammen, was wirklich zusammenpasst“, erklärte Tim Dawidowsky, Mittel- und Nordeuropa-Chef von Alstom. Die Belegschaft verfüge über exzellente Fachkenntnisse in der Metallverarbeitung, wodurch der Wechsel zur Rüstungsindustrie erleichtert werde.
Arbeitsplätze bleiben größtenteils erhalten
Von den rund 700 aktuellen Beschäftigten sollen etwa 580 weiterbeschäftigt werden. KNDS plant, 350 bis 400 Mitarbeitende zu übernehmen, während bis zu 75 weitere eine Anstellung an anderen KNDS-Standorten erhalten. Alstom wird zudem etwa 100 Mitarbeiter an andere Standorte verlegen. Der Übergang soll bis 2027 vollständig abgeschlossen sein.
Die Entscheidung kommt nach einer längeren Phase der Unsicherheit für den Standort. Ursprünglich plante Alstom, das Werk zu schließen. Bundeskanzler Scholz betonte die Bedeutung dieser Einigung: „Es sind sehr gute Nachrichten, dass Industriearbeitsplätze erhalten bleiben, obwohl Alstom aus Görlitz weggeht.“ Ministerpräsident Kretschmer lobte den Erhalt des industriellen Know-hows in der Region.
Rüstungsbranche im Aufschwung
Die Umstellung des Werks erfolgt in einer Zeit steigender Verteidigungsausgaben. Laut Europäischer Verteidigungsagentur haben die EU-Mitgliedstaaten ihre Militärausgaben von 2021 bis 2024 um mehr als 30 Prozent erhöht. Im Jahr 2024 werden diese voraussichtlich 326 Milliarden Euro erreichen, was etwa 1,9 Prozent des EU-BIP entspricht.
Auch deutsche Rüstungsfirmen profitieren von dieser Entwicklung. Rheinmetall, der größte deutsche Rüstungskonzern, steigerte seinen Umsatz in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres um 36 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis legte um 72 Prozent auf 705 Millionen Euro zu.
KNDS-Manager Florian Hohenwarter betonte: „Mit dem neuen Standort in Görlitz erweitern wir unsere Fertigungskapazitäten, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken.“ Der Umbau zeigt, dass die Rüstungsindustrie zunehmend als stabiler Wirtschaftszweig wahrgenommen wird.