Forderung zur Abschaffung sorgt für Spannungen
Mit seiner Forderung, das EU-Lieferkettengesetz abzuschaffen, hat Friedrich Merz nicht nur Brüssel, sondern auch Teile seiner eigenen Koalition gegen sich aufgebracht. Während seines Besuchs bei der EU-Kommission am Freitag äußerte der Kanzler klare Vorstellungen: „Ich erwarte, dass die Europäische Union diese Richtlinie aufhebt.“
Diese Aussage fiel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ursula von der Leyen – doch eine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
EU-Kommission bleibt bei Grundsatzlinie
Eine Sprecherin der Kommission stellte klar, dass es keine Pläne gebe, die Richtlinie zurückzunehmen. Ziel sei es vielmehr, die Vorgaben praxisnäher und einfacher umzusetzen. Die Kommission bleibe dabei, dass Unternehmen entlang ihrer Lieferketten weiterhin für Arbeitsbedingungen und Umweltstandards Verantwortung übernehmen müssten.
SPD-Europapolitiker kontern mit Nachdruck
Deutliche Worte kamen auch aus dem Europäischen Parlament. René Repasi, führender SPD-Vertreter im EU-Parlament, kritisierte die Äußerungen des Kanzlers: „Das steht politisch überhaupt nicht zur Debatte.“ Eine Mehrheit für eine Rücknahme des Gesetzes sei nicht erkennbar, weder unter den Mitgliedstaaten noch in Straßburg.
Allerdings zeigte sich Repasi offen für eine technische Überarbeitung der Richtlinie, um Unternehmen bei der Umsetzung zu entlasten. „Die Richtung muss jedoch erhalten bleiben“, sagte er.
Deutscher Koalitionsvertrag spricht klare Sprache
Auch mit Blick auf die nationale Gesetzgebung liegt der Ball nicht allein bei Merz. Der aktuelle Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD enthält bereits ein Bekenntnis zur europäischen Richtlinie. Dort heißt es, dass das deutsche Lieferkettengesetz durch ein europataugliches Nachfolgegesetz ersetzt werden soll.
Die geplante Regelung müsse demnach international anschlussfähig, aber auch wirtschaftlich praktikabel sein. Dass Merz nun den vollständigen Rückzug aus dem Projekt fordert, steht damit im Widerspruch zur bisherigen Linie.
Politische Debatte noch nicht beendet
Die Diskussion um das EU-Lieferkettengesetz dürfte damit weiter an Schärfe gewinnen. Während Unternehmen auf Entlastung und Klarheit hoffen, mahnen Menschenrechtsorganisationen und Umweltgruppen zu konsequenter Verantwortung entlang der Lieferkette.
Ob der Vorstoß des Kanzlers Bestand hat oder ins Leere läuft, wird sich in den kommenden Wochen zeigen – insbesondere mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse in Brüssel und Berlin.